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Lesenswert – Wie sich Mileva Einstein das Nobel-Preisgeld sicherte von Anne-Kathrin Kilg-Meyer

Wie gelingt es einer Frau, sich das Preisgeld zu sichern, noch bevor der Preis verliehen wird? Mileva Einstein-Mari (1875 1948), Albert Einsteins Studienfreundin, Jugendliebe und erste Frau, vollbringt dieses Meisterstück, aber nicht nur das. Taktisch klug behält sie während eines langwierigen Scheidungsverfahrens mit ihrem Mann die Fäden in der Hand. Dabei geht es ihr vor allem darum, ihre beiden Kinder finanziell abzusichern. Eigentlich möchte sie sich ohnehin gar nicht von ihrem Mann trennen, aber Albert hat sich in seine Cousine Elsa verliebt. Die hier lebendig erzählte und wenig bekannte Geschichte offenbart den Kampfeswillen dieser begabten Physikerin, die maßgeblich an den Forschungen ihres Mannes mitwirkte. Es ist ein ungewöhnlicher Blick auf das Leben der Wissenschaftlerin, Frau und Mutter und das Familienleben der Einsteins…..

Das Buch ist im Elisabeth Sandmann Verlag erschienen 16,95 Euro – auch über Amzon zu bestellen.

Ein Kommentar

  1. sebastian wonnig




    Ein feines, schmuck anzusehendes Büchlein, fast zu leicht für seinen gewichtigen und zweifellos verkaufsfördernden Titel !
    Diese selbstbestimmte, eigenwillige, zielstrebige und durchsetzungsfähige Mileva Einstein, eine ehrgeizige Wissenschaftlerin, Freundin einer Marie Curie, mit der sie sich auf höchstem fachlichen Niveau austauscht, die war mir bisher nicht begegnet.
    Sie ist nicht identisch mit jener bekannten Mileva, die sich bereitwillig einem Mann opfert und ein Opfer wird. Diese neue Mileva – “von Gebrechlichkeit keine Spur” !- trifft ihre eigenen Entscheidungen, agiert bewusst und stolz, handelt taktisch klug, bleibt beharrlich, resigniert nicht und wird am Ende triumphieren.
    Triumphierend “sichert” sie sich das Nobelpreisgeld, das Albert ihr, die Autorin verschweigt das nicht, aus freien Stücken angeboten hat. Es ist die einzige grössere Summe, mit der er den Lebensunterhalt seiner Söhne und der zukünftigen Ex-Frau nach seinem Tod abzusichern in der Lage ist. Dass er frühzeitig sterben könnte ist, in diesem Jahr 1918, ein so abwegiger Gedanke nicht. Das allerdings erwähnt Frau Kilg-Meyer nicht.
    Sie erwähnt vieles nicht. Dass die Ehe der Einsteins bereits 1909 zerrüttet ist und Albert 1914 nicht nach Berlin geht, um seiner neuen Liebe Elsa nah zu sein, sondern weil man ihm dort eine gutbezahlte Position angeboten hat, in der er frei forschen kann, das bleibt dem Leser hier verborgen. Vom Krieg und den damit einhergehenden Devisentransferproblemen, den Reisebeschränkungen und den Krankheiten, unter denen in diesen Jahren nicht nur Mileva leidet, ist keine Rede, nachdem die Autorin festgelegt hat, dass Albert den Ausbruch des Krieges lediglich als Vorwand für seinen Verbleib in Berlin nutzt.
    Überhaupt kommt Albert schlecht weg in diesem Büchlein. Frau Kilg-Meyer misstraut seiner Zuneigung zu den Söhnen, erkennt Gleichgültigkeit und fehlende Empathie gegenüber den Kindern in seinem Verhalten, bescheinigt ihm Ignoranz, Egoismus und Selbstmitleid, sieht ihn um jede Mark und jeden Franken feilschen und legt dem Leser den Gedanken nahe, Albert könne Gründe gehabt haben, um seinen Ruf als Wissenschaftler und Geniezu fürchten, sobald Genaueres über Milevas Bedeutung als seine Mitarbeiterin bekannt würde.
    Milevas scharfer Verstand hingegen hat Anwältin Kilg-Meyers Sympathie : Mit ihrer Lust am Lösen wissenschaftlicher Fragen habe Mileva schon als Studentin ungeahnte Höhen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit erreicht, schreibt sie, und sei schliesslich nicht an mangelnden Fachkenntnissen oder vielleicht einfach an Prüfungsangst, sondern wohl an der frauenfeindlichen Haltung der universitären Prüfungskommission gescheitert.
    Das hatten schon andere Autorinnen mutmasst und sich deshalb – erfolglos – nach Beweisen für Milevas wissenschaftliche Kompetenz umgesehen. Auch Frau Kilg-Meyer legt keine vor und begnügt sich mit der Behauptung, es gebe zahlreiche verlässliche Hinweise … Denn Milevas Rolle als Wissenschaftlerin beschäftigt diese Autorin nur am Rande. Sie ist davon überzeugt, dass Mileva sich mit der Geburt ihres ersten Sohnes für eine ihr wichtigere Rolle entschieden hat: die Rolle als Mutter. In dieser Rolle werde sie, dank des “erstrittenen” Nobelpreisgeldes und “trotz der schwierigen, von zwei Weltkriegen bestimmten Zeiten ein privilegiertes Leben führen” können.
    Wie Mileva in den Jahren 1914 bis 1919 das Nobelpreisgeld “erstreitet”, das bildet den Kern der Erzählung. Ob der Leser der Autorin folgen und Milevas gelegentliches “Schweigen” als kluge Taktik und bewusste Zurückhaltung verstehen will, ob auch er zum Schluss gelangt, dass Mileva Albert “zappeln lässt” und so Konzessionen erlangt, das steht ihm frei. Die gesamte Korrespondenz dieser Jahre zwischen Mileva, Albert und den Freunden, die als Helfer zwischen den beiden vermitteln, liegt gedruckt in den Bänden 8, 9, 10, 12 und 13 der Collected Papers of Albert Einstein vor und ist nun auch online abrufbar. Der Einblick in die von der Autorin übersehenen oder in kluger Absicht vernachlässigten Dokumente mag ihn erstaunen, mag das neugewonnene Bild der selbstbestimmten, durchsetzungsfähigen Mileva infragestellen.
    Belassen wir’s dabei. Ignorieren wir die Fehler, die die Autorin aus ihren Quellen übernommen hat und die nur den Lesern auffallen, die hier etwas anderes erwarten als eine hübsch erzählte Geschichte.
    Vergnügen wir uns lieber mit dem pfiffigen Gedanken, ein wichtiger Anlass für Alberts Drängen auf Scheidung sei der Wunsch gewesen, “den Augenblick seines grössten beruflichen Triumphes”, die zeremonielle Verleihung des Nobelpreises, vor den Augen der ganzen Welt gemeinsam mit Elsa zu geniessen.

    Ein appetitlich aufgemachtes Büchlein,das mit seinen korrekten Quellenangaben den Leser darüber hinwegtäuscht, dass es doch – leider – nur ein phantasievolles Romänchen geworden ist.

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