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Lissabon – die Schöne am Tejo….von Gudrun Steinmill-Hommel


Ein wunderbares Gefühl, auf einem großen Segelschiff mit dem Wind vom Atlantik im Gesicht, der “Schönen vom Tejo” immer näher zu kommen. Lissabon, die Stadt der Kaufleute und Fadosänger. Nach ihrem Gründer Odysseus wurde sie einst “Olisspo” genannt. In dieser Stadt offenbaren sich Herz und Seele einer Nation. Lissabon hat viele Gesichter. Die unvergesslichen Eindrücke bietet jedoch das Leben selbst………..

Tejo immer aufwärts. Am Turm von Belem und dem Jeronimus-Kloster vorbei. Hinein in die Stadt, eine Stadt der verlorenen Zeit ist zu entdecken. Maurische Brunnen, kleine Gärten, grandiose Plätze und freundliche Menschen laden uns ein.

“Es gibt für mich keine Blume, die dem unerhört abwechslungsreichen Farbenspiel von Lissabon gleichkäme”, schwärmte der Dichter Fernando Pessoa. Dem kann ich mich sofort anschließen. Ich verfalle von einer Entzückung in die andere. Und stolpere, angefasst, an einer starken Hand, wie im Traum, von einer Farbe zur nächsten. Rosa und pistaziengrüne Mauern, jadegrüne Dächer, schwarz­grüne Taxen, gelbe Straßenbahnen und Straßenpflaster mit schwarzweißen Mosaiken. Im Kontrast dazu der morbide Charme verfallener Mauern.

Durch eine Stadt zu bummeln, in der Hausfassaden mit bunten Fliesen im Jugendstil und Art Deco geschmückt, in der die bedeutendsten Künstler von Portugal die futuristischen Metro-Stationen gestalteten, ist etwas Großartiges.

In der Alfama, das älteste Viertel von Lissabon, riechen die Treppenaufgänge und Gassen nach frisch geröstetem Kaffee. Aus offenen Fenstern strömen Duft­kompositionen von Jasmin, Geranien und Basilikum. Die Alfama ist wie ein Labyrinth, wo sich die Besucher ohne Stadtplan meistens verlaufen. Das aber keinen Schritt lang be­dauert, weil es immer Neues zu entdecken gibt.

Und weil es nachts hier eher langweilig zugeht, zieht es den Besucher in die Bairro Alto, der Oberstadt, die sich aus einem heruntergekommenden Viertel der Handwerker, Gauner und Prostituierten zum Revier der Nachtschwärmer entwickelt hat.

Vorbei an der wuchtigen romanischen Kathedrale “Se”, durchs Graca-Viertel mit seinen alten, melancholischen Häusern und den verborgenen Arbeitersiedlungen. Und immer wieder begeistern mich die grandiosen Jugendstilfassaden, neben den dekorativen Pflasterungen aus schwarzweißen Basalt und Kalksteinen.

Einkäufe in der Baixa, der Unterstadt, enden meist immer in der Pastelaria Suica oder im traditionsreichen Cafe Nicola. Wenige Meter vom Rossio führt ein mächtiger neugotischer Aufzug aus Gusseisen, “Santa Justa”, genannt, in nur einer halben Minute von der Unter- in die Oberstadt.

Aus den kleinen Kneipen strömen Düfte von “Hinjinha”, ein Kirschlikör, Reis, Zimt und Zucker. Dazu passt ein belebender Kaffee, auch Bica genannt, der aus altmodischen engl­ischen Kaffee­maschinen rinnt, er lädt die Besucher in die zahllosen Cafes ein. Dazu die Verlockung unzähliger exotischer Kuchen. Bei deren Anblick nur ein Kostverächter nein sagt. Bevor ich mich versehe, habe ich die schönsten Kalorienbomben auf meinem Teller liegen bis ich sie alle genussvoll verschlungen habe.

Wo einst der exzentrische Lord Byron von einem Fuhrmann verprügelt wurde, befanden sich noch in den 50er und 60er Jahren die elegantesten Cafes der Bohéme und der Literaten, wie das Ferrari oder das Cafe Chiado. Wir verabreden uns, für eine Filmrecherche mit José, einem Taxifahrer, im Cafe “A Brasileira”, in der Rua Garrett.

In Bronze gegossen mit lässig übereinandergeschlagenen Beinen und dem obligaten Hut auf dem Kopf, lädt nicht Josè, sondern der Dichter Fernando Pessoa, in dieses Jugendstilcafe ein. Wir bewundern in der schönen “Brasileira”, die altmodischen Deckenventilatoren, die Kronleuchter und die verspiegelten Wände. Und weil nur selten ein Platz frei ist, zieht es viele Lissaboner jetzt in das “Cafe Rossio”, erzählt uns Josè.

Für den Rest des Tages, möchte er unser Reiseführer sein. Wir nehmen dankbar an. Einen Einheimischen an unserer Seite, in einer fremden Stadt, etwas Besseres kann uns nicht widerfahren. “Es wird Zeit für den Fado”, meinte Josè. Der Fado gibt jahrhundertealten Gefühlen Ausdruck, denen man sich, auch wenn man die Sprache nicht versteht, kaum entziehen kann. Ein klagender Gesang, begleitet von portugiesischer Gitarre. Hierzu treffen sich die Lisboetas. Und wenn nicht der Wirt selber zu den Klängen singt, findet sich fast immer ein Gast, der den Schicksalgesang anstimmt. Was ich fast als Schicksalsschlag empfinde, dass man ausgerechnet mich, u.a. als Gast auserkoren hat.

Bevor ich mich versehe, bin ich dran. Wie im Trance mit paar Gläsern Portwein singe und summe ich. Keiner versteht meine Sprache, aber alle klatschen und lachen mir freundlich zu. Mein Mann, neben mir, klatscht begeistert mit und amüsiert sich. Klar, er ist noch mal davongekommen.

Die Fahrt mit der “Electrico”, einer altersschwachen Holzstraßenbahn ist die Attraktion. Seit 1901 kriecht sie unbeirrt hügelauf und abwärts, gemächlich, wie eine dicke Raupe, durch die engen Gassen der Altstadt. Dabei habe ich das Glück, den Lisboetas, hautnah, in die Fenster zu schauen, um ihnen noch ein Stück näherzukommen. Es ist zwar eine holperige, aber auch eine bequeme Art, die unterschiedlichen Stadtteile von Lissabon, auf und zwischen den sieben Hügeln kennenzulernen.

Es gibt kaum eine andere Stadt, in Europa, wo der Verfall dauerhafter und melancholischer ist als in der portugiesischen Hafenstadt. Trotzdem ist und bleibt sie Anziehungspunkt für Individualisten. In Lissabon warten die elegantesten Hotels an den schönsten Plätzen. Wir lassen uns im Hotel „Da Lapa“, einem historischem Palast verwöhnen, eine Oase der Ruhe und erholen uns von dem aufregenden Abend im Fadolokal.

Lissabon, eine Stadt, die Sehnsucht weckt und die sich nicht entscheiden kann, ob ihre Vergangenheit “Zukunft” oder ihre Zukunft “Vergangenheit” ist, warum nicht eine Komposition aus beiden, damit der Charme dieser Stadt nie verloren geht.

Fotos & Text: Gudrun Steinmill-Hommel

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